Juni

Evviva il Giro grande! Drei starke Cofidis-Wochen in Italien - Marzano Gesamtelfter, Minard Ausreißerkönig

09. Juni 2010

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Ein in vielerlei Hinsicht besonderer Giro d'Italia 2010 ist zu Ende gegangen. Vom Winde verwehte Etappen durch Holland, eine Schlammschlacht auf den Schotter-Straßen der Toskana, packende Massensprints in den ersten zwei Wochen und eine außergewöhnliche und brutal harte letzte Woche über Zoncolan, Kronplatz und Mortirolo.

Und mittendrin: neun Cofidis-Fahrer, von denen sechs das Ziel in Verona erreichten, die das Rennen von vorne bis hinten mitbestimmten. Begonnen hatte alles in den Straßen von Amsterdam und eine ersten Ausrufezeichen durch Peter Sagan, der auf den zwölften Platz fuhr. Gleich am nächsten Tag verpasste Lokalmatador Koen de Kort zwar das Bergtrikot nur wegen einer schlechteren Platzierung im Gesamtklassement, dieses eroberte er aber einen Tag später und konnte so zwei Tage im Maglia Verde fahren. Beide Holland-Etappen waren auch vom Wind geprägt, Sprinter Robbie McEwen ließ sich aber nicht abschütteln und sprintete gleich zweimal aufs Podium. Es folgten nun ein durchschnittliches Mannschaftszeitfahren, ein verkorkster Sprint auf der ersten Etappe durch Italien...und dann die nächste Überraschung durch den gerade mal 20 Jahre alten Slowaken Peter Sagan: Platz zwei auf der hügeligen sechsten Etappe! Das Ausnahmetalent hatte aber noch nicht genug, kämpfte sich einen Tag später durch die legendäre Schlamm-Schotter-Etappe in der Toskana auf den zwölften Platz - eine Etappe, die ihren Platz in den Geschichtsbüchern des Radsports finden wird.

 

Bergankunft, ansteigendes Sprintfinale und Ausreißererfolg auf den nächsten drei Etappen verliefen aus Cofidis-Sicht weniger erfolgreich, eindrucksvoll zurückgeschlagen wurde aber auf der 11. Etappe: eine Etappe, die den gesamten Verlauf des Giros auf den Kopf stellen und das größte Glück für die Cofidis-Kapitäne Marco Marzano und Jan Bakelants darstellen sollte. Beide suchten den Weg in die Ausreißergruppe, das völlig unorganisierte Feld verlor 12 Minuten und mit einem Mal fanden sich Marzano und Bakelants auf den Plätzen 4 und 6 im Gesamtklassement wieder. Im letzten Massensprint einen Tag später wurde McEwen Fünfter, daraufhin verließ er gemeinsam mit Anfahrer Julian Dean den Giro, auch Angelo Furlan ging einen Tag später (dem Tag an dem Thierry Hupond aus einer Ausreißergruppe heraus den sechsten Platz einfuhr) vorzeitig aus dem Rennen um sich gewissenhaft auf die Tour de France vorzubereiten.

 

Und nun begann sie auch schon, die gnadenlose, brutale, ja schlichtweg außergewöhnliche letzte Giro-Woche. Alle Mann für Marzano hieß nun die Devise, die wohl größte Chance seines Lebens, bei dem Giro einmal so weit vorne reinzufahren. Der Monte Grappa war der erste Scharfrichter, Marzano fuhr auch den 18. Platz und landete somit noch vor Fahrern wie Wiggins und Simoni - gleichbedeutend mit dem provisorischen Podiumsplatz im Gesamtklassement! Auch auf der folgenden Zoncolan-Etappe, die übrigens Sébastien Minard mit einem langen Ausreißversuch prägte, war es am Ende der achtzehnte Platz. Nun aber hatten die Favoriten ihren Rückstand von Aquila wettgemacht und waren dran - immer noch standen aber sechs schwierige Tage vor den Fahrern.

Beim Bergzeitfahren am Plan de Corones (zu deutsch Kronplatz) und bei der darauffolgenden kleinen Bergankunft am Peio Terme hieß es den Schaden in Grenzen zu halten, danach stand die letzte Flachetappe und somit der letzte Tag zum Durchschnaufen an. Noch drei Tage quälen und beißen, dann sollte der Spuk ein Ende haben, von Platz 8 im Gesamtklassement ging Marzano in die letzten Kämpfe.

 

Zunächst die 19. Etappe, oft Königsetappe des Giros genannt. 195 gnadenlose Kilometer, gespickt mit Trivignio und dem im wahrsten Sinne des Wortes mörderischen Mortirolo sowie einer langgezogenen Bergankunft hinauf nach Aprica. Marzano fuhr, wie er nachher auch selbst sagte, das Rennen seines Lebens. Platz 14 stand am Ende zu Buche vor Klettergrößen wie Riccardo Ricco, Sylvester Szmyd, Bradley Wiggins, Juan Mauricio Soler und Domenico Pozzovivo. Im Gesamtklassement immer noch ein grandioser elfter Platz, vor dem Giro noch undenkbar gewesen. Zudem fuhr Minard auf dieser Etappe einen starken Ausreißversuch, der ihm immer mehr zum aktivsten Fahrer dieses Giros machte. Es galt jetzt nur noch die Etappe 20, ein weiterer Höhepunkt des Giros, sowie das Abschlusszeitfahren zu überstehen. Während Minard, wie schon den ganzen Giro angriffslustig und unentwegt, zu Beginn einen letzten Ausreißversuch startete und sich noch mal fast 20 Kilometer vor dem Feld halten konnte - was reichen sollte um die Kröne des Ausreißerkönigs des Giros 2010 aufsetzen zu dürften -, fuhr Bakelants den ganzen Tag von der Spitze weg. Marzano legte einen letzten denkwürdigen Auftritt hin und verteidigte seinen elften Platz im Gesamtklassement. Im Abschlusszeitfahren schafften es Koen de Kort und Jan Bakelants noch mal in die Top25.

 

Marzano machte hierbei das unmögliche endgültig: Platz 11 im Gesamtklassement des Giro d'Italia 2010!! Auch Jan Bakelants erreichte mehr als zunächst erwartet, ein verheißungsvoller 28. Platz im Gesamtklassement als Abschluss eines überaus starken Frühjahrs. Auch Peter Sagan und Sébastien Minard fuhren als 46. beziehungsweise 50. in die Top50 des Giro d'Italia. Viel größer war da aber Minards Erfolg in einer anderen Wertung: Ausreißerkönig 2010, die meisten Fluchtkilometer vor dem Feld! Das Cofidis-Trikot konnte man in den drei Wochen 994 Kilometer vor dem Feld sehen, was den dritthöchsten Wert was die Teams angeht ergibt. Desweiteren wurde Thierry Hupond zweiter in der T.V.Wertung (ehemals Intergiro).

Drei großartige Wochen sind zu Ende, EVVIVA IL GIRO GRANDE!